Änderung in der SpoO des DSB – ohne Tragen von (ballistischen) Schutzbrillen kein Versicherungsschutz

Was in anderen Schießsportverbänden bei mancher Disziplin (BDS-Disziplin IPSC) schon lange Vorschrift ist, wurde uns durch die Technische Kommission des DSB in einer Änderung der SpoO (gültig ab 01.01.2018) vor kurzem beschehrt (siehe hier).

Für die Wettbewerbe 2.45 und 2.5x ff sind ab dem Sportjahr 2018 Schutzbrillen vorgeschrieben. Wer ohne schießt, riskiert bei einer Verletzung des Auges den Versicherungsschutz durch den Verein bzw. Verband.

In der o.g. Mitteilung werden Schutzbrillen verlangt, die als Augenschutz das gesamte Auge vorne und seitlich schützt. Ergänzend wird die DIN EN 166 (Augenschutz) genannt. Auch wird der Link einer Ausarbeitung des Fachkreises Arbeitsschutz angeführt. Leider sind weder in der Mitteilung noch in dem verlinkten Dokument genaue Spezifikationen zu erfahren (Abmessungen, Größe seitlicher Schutz, Widerstandsklasse), was eine Schutzbrille im Sinne des DSB ausmacht. So sind wir – sofern die technische Kommission die Änderung dahingehend nicht ergänzt – leider auf persönlche Auslegungen und Vermutungen angewiesen.

Arbeitsschutzbrille. Quelle: Würth

Reicht eine Arbeitsschutzbrille aus dem Baumarkt? Reicht eine normale, als Sehhilfe getragene Brille oder eine Sonnenbrille? Und was ist mir unseren teuren Schießbrillen?

Normale Sehhilfen für den täglichen Gebrauch fallen raus, da sie keinen Schutz gegen sie Gefahren beim Schießen bieten. Auch fehlt ihnen der seitliche Schutz.

Betrachten wir zunächst, wovor die vom DSB geforderte Schutzbrille schützen soll. Ein Augenschutz beim Schießen sollte auf jeden Fall vor Pulverresten, Funken, heissen Gasen oder Projektilabschabungen (Revolver) schützen. Auch sollten sie ansatzweise Schutz vor den Folgen von fatalen Waffenstörungen bieten, bei denen die Waffe beschädigt wird und dabei metallische Kleinstteile freigesetzt werden, die erheblich beschleunigt auf die Sichtscheibe prallen könnten.

Damit eine Schutzbrille das leisten kann, muß sie das gesamte Auge abdecken, auch seitlich. Dadurch muss die Sichtscheibe gebogen sein, darf aber keine optischen Verzerrungen aufweisen.

Der DSB gibt die DIN EN 166 als Referenz an. Nach dieser Norm werden Arbeitsschutzbrillen mit verschiedenen Wiederstandsgraden hergestellt. Aber in dem technischen Papier des DSB gibt es leider keine Angaben zum notwendigen Widerstandsgrad.

In der DIN EN 166 gibt es verschiedene Widerstandsklassen:

ohne Mechanische Grundfestigkeit
(statischer Deformationstest)

S – Erhöhte mechanische Festigkeit
(Prüfung 43 g Stahlkugel mit 5,1 m/s Geschwindigkeit)

F – Stoß mit niedriger Energie
(Prüfung 0,86 g Stahlkugel mit 45 m/s Geschwindigkeit)

B – Stoß mit mittlerer Energie
(Prüfung 0,86 g Stahlkugel mit 120 m/s Geschwindigkeit)

A – Stoß mit hoher Energie
(Prüfung 0,86 g Stahlkugel mit 190 m/s Geschwindigkeit

Also kann ich jetzt in den Baumarkt gehen, und mir irgendeine Schutzbrille kaufen? Nein, nicht irgendeine vom Grabbeltisch. Sie sollte eine möglichst hohe Schutzklasse bieten und möglichst keine optischen Verzerrungen verursachen.

Dafür gibt es bei der DIN EN 166 ebenfalls eine Kennzahl, die die optische Klassen der montierten Sichtscheibe beschreibt:

1 – Für besonders hohe Anforderungen an die Sehleistung, zum Dauergebrauch geeignet

2 – Für durchschnittliche Anforderungen an die Sehleistung

3 – Ohne große Anforderungen an die Sehleistung, nicht zum Dauergebrauch geeignet

Die Schutzbrille muß auch einen Widerstand gegen heisse Gase und Fremdkörper bieten. Auch dieser Widerstandsparameter ist durch eine Kennzahl in der DIN EN 166 geregelt. Der Widerstand gegen heisse Fremdkörper und Gase sowie Nichtanhaftung dieser an der Sichtscheibe wird durch die Kennzahl „9“ definiert

Woran erkennt man jetzt eine Schutzbrille an der der für uns richtige Sichtschutz montiert ist? An der Kennzeichnung der Sichtscheibe.

Somit sind die zweite, dritte und die sechste Stelle der Kennzeichnung für uns interessant. Somit sollte die Schutzbrille deiner Wahl diese Kennzeichnung tragen:

X-A-1-X-X-9-X-X-X-X

Quelle: Uvex

Ob die Schutzbrillen immer damit ausgewiesen sind ist nicht sicher. Am besten bei dem Hersteller der Schutzbrille vor dem Kauf nach geeigneten Modelle recherchieren und dann kaufen.

Du hast keine Lust auf diesen ganzen Kram?

Schießbrille WX Saber Advanced. Kosten ca. 70,- €

Die bessere Wahl wird für dich wohl eine speziell für das Schießen gefertigte Schutzbrille (Schießbrille) sein. Verschiedene Hersteller bieten Schutzbrillen für das Schießen an, so z.B. Willey, Oakley, Swiss oder Revision. Diese Brillen sind speziell für die Anforderungen beim Schießen konzipiert. Form, Widerstandswerte und optische Qualität erfüllen in der Regel alle gültigen Normen, inkl. der sehr strengen amerikanischen militärischen Normen, MIL-PRF-31013 und MIL-PRF-32432, die der DIN EN 166 sehr ähneln, aber immer eine angemessene Schutzklasse für das Schießen mit Handfeuerwaffen bieten. Schießbrillen in ordentlicher Qualität liegen preislich zwischen 50,- und 100,- €. Achtet beim Kauf aber auf die Zertifizierung mindestens einer der o.g. Normen.

Und was ist jetzt mit Brillenträgern, also Schützen, die eine Sehhilfe benutzen?

Die schlechte Nachricht vorweg: Für eure eventuell teuer angeschaffte spezielle Schießbrille von Knobloch, Varga, etc.  mit Korrektulinsen, Abdeckungen und Irisblenden gibt es bisher keine mir bekannte Lösung. Es gibt für diese Brillen zwar seitliche Abdeckungen, die aber auch wiederum durch den DSB in Größe und Form begrenzt sind (siehe SpoO 0.5.3.2). Desweiteren bieten die Gläser und Abdeckungen keinen ausreichenden Schutz des Auges, da sie entweder zu klein sind und das Auge seitlich nicht umschließen.

Brillenträger sind durch die neue Regelung wirklich gekniffen. Es muss nicht nur was neues angeschaft weden, es muß auch Teures in die Ecke gelegt werden, weil man es ohne Verlust des Versicherungsschutzes nicht mehr getragen werden kann.

Es gibt Lösungen, die das Einsetzen von Korrekturgläsern in die Schutzbrille ermöglichen. Ich möchte dies anhand des Systems von Revision demonstrieren. Es wrid wahrscheinlich noch andere Anbieter geben, die etwas ähnliches anbieten, aber ich reduziere das hier auf den Anbieter Revision, ohne dafür jetzt eine strikte Kaufempfehlung geben zu wollen. Es soll nur als Beispiel dienen. Wiley und Oakley bieten meines Wissens derzeit keine ähnlichen Lösungen mit RX Trägern an – ich wollte auch nicht ewig recherchieren und habe mich deswegen auf diese Hersteller konzentriert.

Die Schießbrille von Revision wird sowohl aktuell von der Bundeswehr als auch von der U.S. Army als sogenannte Schützenbrille genutzt. Das System „Sawfly“ besteht aus einem Gestell und austauschbaren Schutzscheiben, die in verschiedenen Farben verfügbar sind. Die Brille kann normal oder zusätzlich mit einer Gummibandfixierung getragen werden. Der Bügel hinter den Ohren ist sehr dünn, damit er beim Tragen von Gehörschutz nicht drückt. Die Brille gibt es in drei Größen bis zu Größe L (Kopfumfang >61cm). Die Sichtscheiben sind beschlaghemmend beschichtet.

Revision Sawfly Kit. Quelle: Revision

Passend zu dieser Brille gibt es einen Korrekturlinsenträger, in dem Korrekturlinsen in einfacher Sehstärke verbaut werden können.

Revision Sawfly Linsenträger. Quelle: Revision

Dieser Träger wird in das Brillengestell (innen) eingeklippst. Damit hat man eine Schießbrille mit der dem notwendigen Schutz und der notwendigen Sehhilfe.

Das Sawfly System von Revision entspricht der DIN EN 166 und der Militär Standard MIL-PRF-32432 und bietet damit ausreichenden Schutz des Schützen beim Schießen.

Zu den Kosten. Das Kit kostet um die 100,- €, der Linsenträger etwa 30,- € und die Gläser nochmals ca. 100,- €. Gesamtkosten somit rund 230,- €.

Wie wirst Du Dich entscheiden? Ich bin gespannt auf euer Feedback.

Eins ist sicher: diese Regelung des DSB wird demnächst als Bedingung zu der Zulassung zu Wettbewerben gelten. Mittelfristig solltet Ihr Euch um einen Schutz bemühen. Vielleicht wird es zu der neuen Mittelung der TK auch noch eine Ergänzung für die Nutzung von den klassischen Schießbrillen kommen. Davon würde ich derzeit aber nicht ausgehen. 

[UPDATE – 05.01.2018]

Der RSB hat indirekt noch mal an der neuen Regelung rumgeschraubt, um aufkommenden Ärger, auch im Rahmen der jetzt anstehenden Landesverbandsmeisterschaften, aus dem Weg zu gehen:

Ergänzungen (Stand: 23.11.2017)

In Bezug auf Anfragen seitens einzelner Schützen des RSB an den DSB hat der Vizepräsident (VP) Sport des DSB, Herrn Furnier, folgende Aussage getroffen:

„Die Technische Kommission (TK) Sportschießen hat sich in seiner letzten Sitzung am 20.10.2017 mit dem Thema beschäftigt. Es ist sehr schwierig hier eine endgültige Aussage zu treffen. Wenn wir hier eine Norm einsetzen kommt es mit Sicherheit zu Ärger. Momentan steht in der Sportordnung: ‚Bei den Wettbewerben VL, Zentralfeuerwaffen (Wettbewerb 2.45 und 2.5.. ff) sind Schutzbrillen aus Sicherheitsgründen zwingend erforderlich‘. Unter dem Begriff Schutzbrillen versteht man einen Augenschutz, der das gesamte Auge (von vorne und seitlich) schützt, d.h. dass eigentlich der Sportler für seine Sicherheit auch eine eigene Verantwortung trägt. Eine Brille, auch Schießbrille mit einem Seitenblendenschutz kann ohne weiteres als Erfüllung dieser Regel gesehen werden.“

Desweiteren wird in der TK-Mitteilung 11/2017/3 darauf hingewiesen, dass die Verantwortung für einen sicheren Schutz der Augen der jeweilige Sportler selber trägt.

Demnach sind die Schutzbrillen weiterhin verpflichtend und die Schießbrillen mit Seitenblendenschutz dürfen verwendet werden. Sofern der Schütze keine Schutzbrille verwendet, ist er letztlich selber verantwortlich.

Quelle: RSB

Hier fehlt die Konsequenz in der Durchsetzung. Die klassischen Schießbrillen, die nur zur Aufnahme von Korrekturlinsen, Prismen und Abdeckungen vorgesehen sind, können keinen ballistischen Schutz bieten. Entweder schütze ich meine Augen richtig oder gar nicht. Die klassische Schießbrille mit seitlichen Blendschutz kann keine Alibi Lösung sein, um die Massen zu beruhigen und die Verantwortung auf den Schützen abzuwälzen. Die Diskussion möchte ich nicht erleben, wenn trotz eines seitlich montieren Blendschutzes das Auge eines Schützen bei einem Unfall verletzt wird. Hier sollte im SInne der Schützen nachgebessert werden.

Dieser Beitrag erhebt keinen Anspruch auf die vollständige Wiedergabe der derzeit am Markt erhältlichen Schießbrillen mit Sehhilfe, noch soll er zum Kauf einer bestimmten Lösung anreizen. Ich habe die Darstellung einer Lösung auf ein Produkt beschränkt, um nicht den Rahmen dieses Artikels zu sprengen. Dieser Artikel soll unseren Schützen einen kleinen Einblick in die Materie geben. Ich habe den Artikel nach meiner eigenen gewissenhaften Recherche erstellt, die durchaus auch Irrtümern unterliegen kann.

 

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